Mittelstand: Ambidextrie – gestern und heute

Ambidextrie bedeutet vom Wortursprung her Beidhändigkeit (von lateinisch ambo „beide“ und dextera „rechte Hand“), im Sinne von „zwei rechte Hände haben“. Es ist gemeint als umgangssprachliches Gegenteil von „zwei linke Hände haben“ und damit nichts zu Wege zu bringen.

Meistens findet man im Führungskontext das Adjektiv „organisational“ vorangestellt. Organisationale Ambidextrie beschreibt demnach die gleichzeitig und gleich stark ausgeprägte Fähigkeit von Unternehmen, effizient und flexibel zu sein.

Dies hat – wie der Name schon sagt – Auswirkungen auf die Unternehmensstruktur, ist aber beileibe nicht auf diese begrenzt.

Zunächst aber nochmals kurz zum Begriff der organisationalen Ambidextrie. In früheren, stabileren Zeiten war es über längere Zeiträume hinweg ausreichend, wenn das Unternehmen das Kerngeschäft effizient beherrscht und sich auf etablierten Märkten durch kontinuierliche Verbesserung behauptete. Diese Herangehensweise wird auch als Exploitation bezeichnet. Die Fähigkeit zur Exploitation ist auch heute noch notwendig, um die Überlebensfähigkeit des Unternehmens im Hier und Heute zu sicherzustellen.

In VUCA-Zeiten[1] allerdings sind die Rahmenbedingungen in vielerlei Hinsicht nicht mehr stabil, sondern wechseln sehr rasch. Es ist nicht nur die Veränderungsgeschwindigkeit allein, es ist aufgrund der zunehmenden Vernetzung auch die Unvorhersehbarkeit der Entwicklungsrichtung, die die Unternehmen vor nie gekannte Herausforderungen stellt. Die Unternehmen, die hierarchisch und tief gegliedert sind, werden es zunehmend schwer haben, mit hinreichender Geschwindigkeit sinnvoll und angemessen auf die geänderten Rahmenbedingungen zu reagieren. Und hier kommt nun die zweite rechte Hand der organisationalen Ambidextrie ins Spiel.

In Zeiten des raschen Wandels kommt der gleichzeitig vorhanden Fähigkeit zur Exploration eine entscheidende Bedeutung zu. Exploration meint in diesem Zusammenhang die Fähigkeit des Unternehmens, agil und flexibel, experimentierend und kreativ zukünftige Geschäftspotenziale für möglicherweise neue Märkte zu erkennen und zu entwickeln.

Das theoretische Konstrukt der Ambidextrie ist also im Grund trivial.

Top-Innovatoren, die es bei aller Kreativität versäumen, marktfähige Produkte zu erstellen und zu verkaufen (Innovationsfalle), werden ebenso scheitern wie Unternehmen, die ihr aktuelles Kerngeschäft perfekt beherrschen, ohne sich darauf einzustellen, dass die Welt dieses Produkt immer seltener benötigt (Kompetenzfalle). Die Unternehmen, die weder die Exploitation noch die Exploration nicht beherrschen, füllen die Statistik der jährlichen Anmeldungen zur Insolvenz.

Gefragt ist also die organisationale Ambidextrie als gleichzeitig und gleich stark ausgeprägte Fähigkeit von Unternehmen, effizient und agil zu sein.

Nun ist die ambidextre Organisation als solche eine von Menschen gemachte Konstruktion, also ein Artefakt im Sinne des Modells der Unternehmenskultur von Edgar Schein. (Schein, 1985)[2]

Es geht demnach bei der Ambidextrie nicht nur um ein organisationales Thema, sondern auch um ein personales Thema, speziell um ein Thema, von dem jede Führungskraft unmittelbar betroffen sein wird. Früher oder später. Welche Fähigkeiten brauche ich als Führungskraft, um in einem relativ stabilen Umfeld Erfolg zu haben und welche Fähigkeiten benötige ich, um mit dem raschen Wandel umzugehen und die damit zwingend verbunden Unsicherheiten auszuhalten?

Unternehmen tun gut daran, sich diesen Themen rasch zu widmen. Vielleicht war der wohl berühmteste Satz von Michail Gorbatschow aus dem Jahr 1985, „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“, noch nie so aktuell wie heute.

Sie wollen effizienter und agiler werden? Sie planen die Verbesserung ihres Managementsystems und Ihrer Managementstrukturen? Sie wollen Ihre Führungskräfte dahingehend entwickeln, dass Sie neben der Effizienz im Tagesgeschäft offen für Veränderungen sind und mit Unsicherheit umgehen können? Dann rufen Sie uns an: 07478/ 2690 775. Wir beraten Sie gerne.

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■ Michael Kohlhaas

Die 100PersEnt GmbH hat sich auf das Thema Führung im Mittelstand fokussiert.

Schwerpunkte unserer Arbeit sind die Strategieentwicklung und die Strategieumsetzung im Mittelstand – von der punktuellen Beratung bis hin zum Leadership Process Owner (LPO).

Darüber hinaus bieten wir auch Werkzeuge im Umfeld der Führungskräfteentwicklung an: vom Online-Angebot zur Eignungsdiagnostik von Führungskräften (BIP), über die Analyse des Führungsverhaltens (LSA) bis hin zum Coaching, gerne auch als Online-Coaching.

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[1] VUCA ist ein Akronym für die englischen Begriffe volatility ‚Volatilität‘ (Unbeständigkeit), uncertainty ‚Unsicherheit‘, complexity ‚Komplexität‘ und ambiguity ‚Mehrdeutigkeit‘. Es beschreibt die Rahmenbedingungen der Unternehmensführung. Der Begriff entstand in den 1990er Jahren am United States Army War College (USAWC) und diente zunächst dazu, die multilaterale Welt nach dem Ende des Kalten Krieges zu beschreiben. Später breitete der Begriff sich auch in andere Bereiche strategischer Führung und auf andere Arten von Organisationen aus, vom Bildungsbereich bis in die Wirtschaft.

[2] Schein, E. H. (1985). Organizational Culture and Leadership. A Dynamic View. San Francisco: Jossey-Bass Publishers.

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