Fünf Schritte für bessere Führung

Die neuerliche Diskussion um das Thema wurde Ende letzten Jahres von Joachim Sauer, Präsident des Bundesverbandes der Personalmanager durch einen Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) angestoßen. Gemeinsam mit dem Wirtschaftspsychologen Alexander Cisik hatte er zehn provokante Thesen zur Qualität von Führungskräften ausgelöst. In einem Beitrag in derselben Zeitung formulieren die Beiden nun fünf Schritte auf dem Weg zu mehr Führungsqualität. Die Gliederung dieses Artikels orientiert sich an den fünf Schritten, die in kursiver Darstellung dem Artikel entnommen sind.

„Gestaltet eine zeitgemäße Führungskultur!“

Eine Hochglanzbroschüre reicht nicht. Führung braucht ein gemeinsames Verständnis, in dem das besondere Führungsideal eines Unternehmens transparent wird. Bewährt haben sich diesbezüglich Führungsleitbilder, die Orientierung für das Denken und Handeln aller Führungskräfte geben. Die wichtigsten Werte sind Vertrauen zwischen Führungskräften und Mitarbeitern, Klarheit im persönlichen Informationsaustausch, Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern, Vielfalt von Denkweisen und Handlungsansätzen sowie Innovation im Sinne eines Denkens über den Tellerrand hinaus. Nur wenn die Leitsätze von allen Führungskräften – vom Topmanager bis zu Gruppenleiter – verinnerlicht werden, wird die angestrebte Kultur der Führung zu einer Selbstverständlichkeit. Das Führungsleitbild muss im Unternehmen etwa in Betriebsversammlungen, in Mitarbeiterzeitschriften und im Intranet präsentiert werden, es muss darüber eine konstruktive Auseinandersetzung geben, und der Praxistransfer etwa durch Führungsworkshops muss vorbereitet sein.

Die (Soll-) Führungskultur ist nicht nur zu erarbeiten und zu kommunizieren. Der Praxistransfer muss nicht nur vorbereitet sein. Der Lackmusstest ist der tatsächliche Transfer. Wenn sich nach der Definition einer Führungskultur kein einziger Prozess ändert (Recruiting, Beförderung, Personalauswahl, Gehalt etc.), dann wird der Transfer nicht gelingen, es wird bei der wohlfeilen Hochglanzbroschüre bleiben.

„Identifiziert diejenigen, die führen können und wollen!“

 Die Führungskultur ist nur das Bühnenbild, entscheidend sind die Akteure. Deshalb kommt der Identifizierung der Führungspotentialträger erhebliche Bedeutung zu. Wichtig ist, sowohl auf Talent als auch auf Motivation zu achten. Denn was nützt es, wenn einer könnte, aber nicht wirklich will. Um herauszufinden, wie ausgeprägt beides ist, braucht es geeignete eignungs- und potentialdiagnostische Instrumente. Dazu gehören die Verhaltensbeobachtung, Interviewtechniken, psychometrische Tests und das Assessment Center. Dabei sollten nur solide konstruierte Verfahren zum Einsatz kommen. Alles, was mit der Diagnose der Persönlichkeit zu tun hat, sollte ausschließlich durch erfahrene Fachleute durchgeführt werden. Oder ließen Sie sich gerne von der Oberschwester operieren, nur weil diese bei der Operation schon 100mal zugesehen hat?

Ein ganz zentraler Punkt vor allem im Mittelstand, in dem ein wesentliches Beförderungskriterium die beste fachliche Qualifikation darstellt. Die Aufgaben ändern sich in der Führungsrolle dramatisch. Ist das „Wollen“ zu gering, dann leiden auf lange Sicht die Mitarbeiter und die Führungskraft.

In meinen Führungskräfteworkshops lege ich ganz zu Beginn einer Veranstaltung gerne einen Ball in die Mitte des Raumes. Fußballaffine Teilnehmer kommen nicht umhin mit dem Ball in irgendeiner Form zu spielen. Sie kommen einfach nicht an dem Ball vorbei, zu groß ist für den „Fußballer“ das in dem Ball enthaltene Motivierungspotential.

Zu welchem Schloss ist die Führungskraft der Schlüssel? Was sollte eine Führungskraft motivieren? Worin besteht das Motivierungspotential einer Führungsaufgabe? Diese Passung zu finden ist m.E. der Kern der Führungskräfteauswahl. Bieten Sie Gelegenheiten, Führungsverantwortung anzunehmen, dann werden Sie schnell die Spreu vom Weizen trennen können.

„Entwickelt Eure Führungskräfte systematisch!“

Die Richtigen in eine Führungsposition zu bringen, reicht aber nicht aus. Ebenso notwendig ist deren konsequente Entwicklung. Angesichts der immensen Bedeutung individueller sozialer Kompetenzen für den Führungserfolg sollte hier eine Erweiterung des Curriculums weg von den präferierten „hard skills“ zu notwendigen „soft skills“ erfolgen. Erforderlich sind individuell angepasste Entwicklungskonzepte, in denen geeignete Ansätze und Instrumente (Selbstlernen, Unterweisung, Coaching, Projektarbeit, Trainings) zu einer integrierten Entwicklung verbunden werden. Das in Deutschland sehr weit verbreitete „Kurswesen“, das eher an eine Volkshochschule als an eine Business University erinnert, verspricht dagegen wenig Erfolg.

Auf diesen Umstand habe ichbereits in einem früheren post hingewiesen. Die Hard skills in Form von Wissen und Können reichen (schon lange) nicht mehr aus. Coaching und Facilitation, das learning by doing sind die Mittel der Wahl. Möglichst individuell, möglichst im Kontext der aktuellen Herausforderungen im Unternehmen.

„Überprüft Führungserfolg regelmäßig!“

Um die individuelle Entwicklung gestalten zu können, ist eine regelmäßige Evaluation der tatsächlichen Führungsleistung unerlässlich. Dies kann durch jährliche Führungsfeedbacks erfolgen, in denen die Mitarbeiter ihren direkten Vorgesetzten anhand klar definierter Kriterien einschätzen. Dafür wäre das erwähnte Führungsleitbild der Bezugsrahmen, womit sich der Kreis schließen würde. Besonders spannend wird es, wenn Führungsleistung und Geschäftserfolg in Beziehung zueinander gesetzt werden. Gute Führung sollte zu guten Ergebnissen führen. Generell gilt: Die Evaluationsergebnisse müssen Konsequenzen haben. Gute Führung muss sich lohnen, als eine notwendige Voraussetzung für die weitere berufliche Entwicklung. Schlechte Ergebnisse müssen geahndet werden, vor allem dann, wenn sie in Serie produziert werden: Wer es nicht bringt, muss entwickelt oder in eine andere Laufbahn versetzt werden. Und wer es auf Dauer weder hier noch da bringt, muss konsequenterweise aus dem Management, möglicherweise sogar aus dem Unternehmen ausscheiden.

Der Führungsregelkreis (oder der Deming’scher PDCA-Zyklus – Plan Do Check Act) ist und bleibt auch in diesem Kontext gültig. Überprüft wird die Führungsleistung sowohl auf der Ebene zu erzielender Ergebnisse im Sinne der Balanced Scorecard: Umsatz, Kosten, EBIT, Umweltkennzahlen, Mitarbeiterkennzahlen etc. Führungsleistung sollte aber auch auf der Ebene der „soft facts“ überprüft werden. Nur auf diese Weise lässt sich feststellen, ob und in welchem Umfang getroffene Entscheidungen zur Führungskultur umgesetzt wurden, inwieweit der Praxistransfer gelungen ist.

Meine Instrumente „Führungsfeedback“ sowie das Führungsbarometer 100PersEnt FVI-KMU® wurden exakt für diese Zwecke konzipiert.

„Schafft Alternativen zur Führungslaufbahn!“

Management ist mehr als Führung. Fach- und Projektmanagementkompetenz müssen ebenso gewürdigt und entsprechende Laufbahnen angeboten werden. Dabei sollte vor allem deren Gleichwertigkeit gesichert sein. Eine Karriere als Führungskraft darf nicht reputationsstärker oder finanziell lukrativer als ihre Alternativen sein. Dies lässt sich sicherstellen, indem man vergleichbare Positionen wie Abteilungsmanager, Fachmanager und Projektmanager schafft, die vergleichbar eingestuft und vergütet werden. Allerdings darf die Beförderung innerhalb von Fach- oder Projektkarrieren kein Automatismus sein. Sonst wird es für das Unternehmen einfach nur teuer. Es bedarf der gleichen Stellenbeschreibungen und Anforderungsprofile wie in der Führungslaufbahn.

Aus meiner Erfahrung der schwierigste der fünf Schritte, weil dieses Denkmuster vor allem aus der Konzernwelt kommt. In großen Unternehmen gibt es eine hinreichend große Zahl an Positionen, die eine dreigleisige Karrieremöglichkeit bieten:

  • Führungslaufbahn
  • Projektlaufbahn
  • Fachlaufbahn.

Gleichwohl gilt auch für den Mittelstand die Forderung, dass keine hochqualifizierte Fachkraft gegen ihre persönliche Motivationsstruktur in eine Führungsposition „gedrängt“ werden sollte. Es gelten von daher die gleichen Grundsätze, wie sie im zweiten Schritt („Identifiziert diejenigen, die führen können und wollen!“) empfohlen wurde. In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals auf die Relevanz von eignungsdiagnostischen Instrumenten eingehen.

„Nach vorliegenden Untersuchungen …. ist die Einsatzhäufigkeit persönlichkeitsorientierter Messverfahren in Deutschland 5- bis 10-mal niedriger als in Vergleichsländern im westlichen Wirtschaftskontext zu veranschlagen. Insofern ist beim deutschsprachigen Raum wohl nach wie vor von einem Entwicklungsland für … psychologische Messinstrumente … auszugehen.“ (Prof. Dr. Rüdiger Hossiep, 2007: Messung von Persönlichkeitsmerkmalen, in: Handbuch der Arbeits- und Organisationspsychologie, Hogrefe Verlag Göttingen, 2007, S. 451)

Ich selbst setze mit sehr guten Erfolgen das „Bochumer Inventar berufsbezogener Persönlichkeitsbeschreibung“ (BIP) von Prof. Dr. Hossiep ein. Es eignet sich gleichermaßen für Personaleinstellungsverfahren sowie zur Unterstützung der Auswahlentscheidung von qualifizierten Fachkräften für eine Führungsposition.

Zusammenfassung

Gute Führung war schon immer wichtig, um gute Ergebnisse zu erzielen. Führung wird in Zukunft angesichts der demographischen Entwicklung erfolgskritisch. In Zeiten steigenden Mangels an Fach- und Führungskräften und der zunehmenden Transparenz der Arbeitsmärkte (Stichwort: Arbeitgeberbewertungsbörse kununu/XING) kommt die Diskussion, die durch J. Sauer angestoßen wurde, zur rechten Zeit.

In diesem Zusammenhang gilt noch immer die Kernbotschaft der Ruck-Rede des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog: die Erkenntnisse und die Instrumente (siehe oben) sind da, es gilt sie anzuwenden und deren Ergebnisse umzusetzen.

Herzliche Grüße und viel Freude bei der Umsetzung

Ihr

Michael Kohlhaas

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