Mitarbeiterbefragungen sind weithin bekannt und auch durchaus verbreitet. Sie gehören zu den Standardinstrumenten der Unternehmensentwicklung, jedenfalls vielerorts. Und dennoch kämpfen viele Unternehmen damit, die eigene Mitarbeiterbefragung zum echten Erfolgsprojekt zu machen. Woran liegt das eigentlich? Und wie steht es um Ihre Mitarbeiterbefragung: Datenquelle oder Zahlenfriedhof?
Egal ob als flächendeckend und periodisch angelegte Mitarbeiterzufriedenheitsumfrage, als Führungsbarometer zur Messung der Führungsqualität, als Führungskräftefeedback oder flankierend zu einem Veränderungsprojekt – Mitarbeiterbefragungen in jeglicher Form sind grundsätzlich sinnvoll. Und obwohl die Methode sich über die letzten 25 bis 35 Jahre zur Standardmethode in der Unternehmensentwicklung gemausert hat und Mitarbeiterbefragungen in vielen Unternehmen zu den periodischen Analyseinstrumenten zählen, bleibt der gefühlte Nutzwert oft hinter den Erwartungen zurück. Mitarbeiterbefragungen werden von Mitarbeitern, Betriebsräten und Führungskräften oft sogar sehr skeptisch gesehen. Der Nutzen wird in Frage gestellt. Die Gründe dafür können vielfältig sein, haben ihre Wurzeln aber überwiegend im Projektdesign.
Es gilt auch im Bereich der Mitarbeiterbefragungen noch immer der Ausspruch des ehemaligen Bundespräsidenten Herzog: wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem.
Funktionen einer Mitarbeiterbefragung
Mitarbeiterbefragungen tragen unterschiedliche Zwecke und Zielrichtungen in sich, die je nach Projektdesign stärker im Vordergrund oder im Hintergrund stehen:
- Messfunktion
‚Weiche‘ Faktoren werden in Zahlen abgebildet. Die Ergebnisse stellen eine Ist-Aufnahme der aktuellen Situation dar und bilden die Basis für entsprechende Analysen. - Evaluationsfunktion
Die Ergebnisse von Maßnahmen aufgrund der o.a. Analysen können im Zeitablauf gemessen und evaluiert. Regelmäßig vorgenommen, können auf diese Weise Entwicklungen verfolgt und ggfs. Korrelationen zwischen Erfolgsfaktoren und Erfolgsindikatoren ermittelt werden. - Kommunikationsfunktion
Eine Befragung vermittelt Themenschwerpunkte und schärft die Aufmerksamkeit.
Maßnahmen, die aufgrund valider Ergebnisse und deren Analyse abgeleitet werden, lassen sich einfacher kommunizieren und erhöhen somit die Akzeptanz. - Partizipationsfunktion
Eine Befragung bietet die Möglichkeit der Teilhabe und bindet Mitarbeiter in die Unternehmensgestaltung ein. Sie ist gelebte Partizipation. Mitarbeiter sollen nicht nur das Gefühl haben, dass ihre Meinung wichtig ist. Eine Befragung dokumentiert, dass die Meinung tatsächlich wichtig ist. - Interventionsfunktion
Eine Befragung dient der Bestandsaufnahme und Analyse (Mess- und Evaluationsfunktion) von Sachverhalten. Sie bildet den Ausgangspunkt von organisationalem Lernen mit dem handlungsorientierten Ziel, die untersuchten Prozesse und/ oder Sachverhalte zu optimieren.
Unterschätzte Wirkung
Nicht selten werden Mitarbeiterbefragungen in die Hand von unerfahrenen Mitarbeiter*innen gelegt, die zum Beispiel als Studenten ihre Bachelor-Thesis über Mitarbeiterumfragen anfertigen.
Diese Unternehmen unterschätzen die Komplexität und Dynamik von Mitarbeiterbefragungen und handeln nach dem Motto: „Prima, das kostet ja nichts. Wir schicken dann einfach mal einen Fragebogen aus und schauen was passiert!“ Danach befragt, was denn mit den Ergebnissen geschehe: „Keine Ahnung. Mal sehen, was dabei rauskommt.“
Man behandelt interne Befragungen wie Marktforschungsprojekte, als ob man Passanten in der Fußgängerzone befragt oder anonyme Teilnehmer an Umfragepanels.
Aus meiner Sicht steht die Interventionsfunktion bei den meisten Befragungen im Vordergrund.
- Die Mitarbeiterbefragung selbst ist eine Intervention
Die Mitarbeiterbefragung erhebt nicht nur Daten. Sie lebt die Change-Prinzipien und drückt diese aus. Es geht darum, „Betroffene zu Beteiligten zu machen“. Mitarbeiterbefragungen kann man auch als Führungsverhalten interpretieren, das bei den Mitarbeiter*innen immer etwas auslöst:- Warum, wieso und weshalb machen ‚die‘ das?
- Sind die Ergebnisse anonym?
- Was passiert mit den Ergebnissen?
Die Befragung selbst ist also bereits eine Intervention, die Erwartungen generiert!
- Die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung sollen Verbesserungen initiieren
Befragungsprojekte sind als erster Schritt von Verbesserungen konzipiert. Verbessern heißt immer auch Verändern, mit allem Implikationen des Change-Managements.Mitarbeiterbefragungen – zum Beispiel mit dem Führungsbarometer oder im Rahmen von Führungskräftefeedback – stellen die Basis im Rahmen unserer IMPOVE®-Systematik dar. „Erst erheben wir relevante Daten, dann analysieren wir diese und schließlich handeln wir zielgerichtet.“
Die Befragung schafft die Ausgangsbasis, um Verbesserungen evidenzbasiert zu initiieren und nach Ablauf einer gewissen Zeit zu evaluieren.
Mitarbeiterbefragung sind Veränderung
Der Unterschied zwischen den beiden Interventionsfunktionen ist offensichtlich und von Bedeutung. Wenn ein Unternehmen eine Befragung durchführt, kann sie die erste Form der Interventionsfunktion der Intervention nicht vermeiden, sie tritt zwangsläufig auf. Befragungen lösen Erwartungen bei den Befragten aus, ob die Unternehmensleitung das beabsichtigt oder nicht.
Die zweite Interventionsfunktion ist die intentional gesteuerte Funktion und fragt nach dem ‚eigentlichen‘ Zweck der Befragung. Was will ich erreichen und verbessern, was beabsichtige ich mit dem Ergebnis der Befragung zu tun?
Nach meiner Erfahrung sind Mitarbeiterbefragungen dann am effektivsten, wenn
- die Ergebnisse in geeigneter Form kommuniziert werden,
- die Befragten erkennen, dass die Ergebnisse zu konkreten Verbesserungen führen und
- diese dann auch konsequent umgesetzt werden.
Dann und nur dann erleben die Mitarbeiter*innen, dass es sich lohnt, mitzumachen: ‚Meine Meinung wird gehört und berücksichtigt‘. So verstanden und durchgeführt, sind Mitarbeiterbefragungen gelebte – und nicht nur ‚gepredigte – Wertschätzung und Partizipation.
Unsere Grundhaltung ist ganz klar: Eine Mitarbeiterbefragung bereitet nicht nur Veränderung vor. Sie ist keine „Trockenübung“. Eine Mitarbeiterbefragung als solche ist bereits Veränderung. Sie greift – wenn Unternehmen es zulassen – tief in die Organisation ein, sie ist selbst Teil eines Organisationsentwicklungsprozesses und löst diesen aus.
Betrachtet man Mitarbeiterbefragungen auf diese Art und Weise, hat dies weitreichende Auswirkungen auf die Gestaltung und Durchführung einer Umfrage. Es gilt, sich den systemischen Gesamtzusammenhang von Mitarbeiterbefragungen bewusst zu werden.
- Interne Expertise nutzen
Eine Beteiligung von Mitarbeiter*innen und anderen Stakeholdern – ich denke hier vor allem an den Betriebsrat – schon in der Planungsphase erhöht die Akzeptanz des Projekts enorm. Lassen Sie keinen reinen „Expertenfragebogen“ von außen konzipieren, sondern eine Befragung, die interne ExpertInnen passend machen. Nutzen Sie interne Multiplikator*innen über die gesamte Projektlaufzeit. Machen Sie Betroffene zu Beteiligten. Den Führungskräften kommt hier eine besondere Verantwortung zu. Das gilt insbesondere dann, wenn es um Befragungen zur Verbesserung der Führungsqualität geht. - Prozess statt Projekt
Achten Sie in Ihrer gesamten Kommunikation darauf, dass die Kommunikationsarbeit nicht zur Hochglanzkampagne eines einmaligen Projekts gerät. Kommunizieren Sie mit Bedacht und Konsequenz. Mitarbeiterbefragungen sind der Start eines Veränderungsprozesses, nicht dessen Ende. - Veränderungskompetenzen fördern
Viele Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung zielen (direkt oder indirekt) auf Veränderungen der Zusammenarbeit ab. Es geht um Team- und Organisationsentwicklungsprozesse. Die Voraussetzung dafür ist, dass die handelnden Akteure – oftmals Führungskräfte – sich kompetent fühlen, diese Themen zu bearbeiten. Investieren Sie daher ausreichend Aufmerksamkeit und Ressourcen in die Qualifizierung von Führungskräften und internen Expert*innen im Umgang mit den Ergebnissen.Denken Sie Ihre Mitarbeiterbefragungen vom Ende her.
- Interne Begleitung forcieren
Externe Expert*innen können Mitarbeiterbefragungen positiv unterstützen und wertvolle Impulse setzen. Die Verantwortung für die Befragung und deren Konsequenzen, insbesondere für die Planung und Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen bleibt jedoch immer beim Unternehmen. Sie ist notwendiger Bestandteil der Führungsverantwortung. Nutzen Sie die interne Expertise und die Lernerfahrungen des Unternehmens. Mitarbeiterbefragungen sind kein Projekt, bei dem ein externer Berater von Workshop zu Workshop durch das Unternehmen tourt. Mitarbeiterbefragungen sind Bestandteil eines systematischen Regelkreislaufs zur kontinuierlichen Verbesserung des Unternehmens und fördern organisationales Lernen. - Storytelling gezielt einsetzen
Tue Gutes und rede darüber! Dies gilt auch für Mitarbeiterbefragungen. Identifizieren Sie die Erfolgsgeschichten und stellen Sie sicher, dass diese Geschichten im Unternehmen kommuniziert, ‚erzählt‘ werden. Vor allem darüber, wie mit den Ergebnissen umgegangen wird oder was aus den Befragungsergebnissen entsteht. Betreiben Sie das Marketing von evidenten Ergebnissen und lassen Sie Ihre Mitarbeiter*innen zu Wort kommen. - Just do it!
Es gibt nichts Gutes, es sei denn man tut es! An der Umsetzungsschwelle trennt sich die Spreu vom Weizen. Hier entscheidet sich, ob eine Mitarbeiterbefragung Erfolg hat oder ein Misserfolg wird. Legen sie daher allergrößten Wert darauf, dass identifizierte Verbesserungspotentiale tatsächlich genutzt werden. Wenn Maßnahmen (noch) nicht umgesetzt werden, dann erklären Sie die Gründe und nennen einen Zeitpunkt, an dem das Thema wieder aufgegriffen wird.Die Konsequenz der Umsetzung entscheidet über die Teilnahme Ihrer Mitarbeiter*innen an zukünftigen Befragungen.
IMPROVE® – agile Transformation wider die Erstarrung
Mitarbeiterbefragung sind eine unverzichtbare Datenquelle, auf der aufbauend die Geschäftsführung, die Personalabteilung, die Führungskräfte und die Mitarbeiter*innen Ihres Unternehmens nach eingehender Analyse gezielte Maßnahmen umsetzen.
Mitarbeiterbefragungen werden in Zukunft zunehmend auch ein Instrument werden, das Anlässe schafft, um in Ihrem Unternehmen Veränderungskompetenzen zu erlernen und einzuüben!
So bleibt Ihr Unternehmen agil – nicht die schlechteste Eigenschaft in einer VUCA-Welt.
Viel Erfolg dafür!
Sie haben es in der Hand, Ihr Führungsbarometer zur Messung der Führungsqualität oder das nächste Führungskräftefeedback beim nächsten Mal erfolgreich zu gestalten!
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